Eine englische Studie (Scientific RepoRts (2019) 9:2851  | https://doi.org/10.1038/s41598-019-39354-4) hat untersucht, in wieweit Fernsehen dazu beiträgt, Wortfindungsstörungen zu verursachen. Die Ergebnisse sind eindrücklich: Bei Über-50-Jährigen führt ein Fernsehkonsum von mehr als 3,5 Stunden pro Tag zu einer Verschlechterung des verbalen Gedächnisses und zwar unabhängig von Risikofaktoren wie Gesundheit oder Sozialem Status.

Das Fernsehen hat durch seine massenhafte Verbreitung wie wenig andere technische Erfindungen des 20. Jahrhunderts unsere Lebensgewohnheiten verändert: Es verbindet schnell-wechselnde optische Anregungen mit körperlicher Inaktivität. Man hat schon früh angenommen, daß der exzessive Gebrauch und die damit einhergehende einseitige Inanspruchnahme des Gehirns negative Folgen haben könnte. Lange hat man im Wesentlichen die Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern untersucht und dort zum Teil erschreckende Ergebnisse bzgl. der Abnahme von z.B. Lesekompetenz oder bezüglich einer verzögerten motorischen Entwicklung gefunden.

Einige wenige Studien haben einen Zusammenhang auch bei Erwachsenen aufgezeigt, insbesondere was die Entwicklung von Gedächtnisstörungen betrifft. Bisher waren die Studien allerdings aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmer und der z.T. widersprüchlichen Ergebnisse noch nicht aussagekräftig genug. Es wurde angenommen, daß die negativen Ergebnisse zum Großteil darauf zurückzuführen sind, daß der Fernsehkonsum zu Bewegungsmangel und wenig sozialer Anregung führt, was unabhängig vom Fernsehen Risikofaktoren für dementielle Symptome sind. Auf der anderen Seite weiß man inzwischen, daß z.B. der Gebrauch des Internets die Wahrscheinlichkeit von Demenz eher reduziert. Was sind also die spezifischen Risiken des Fernsehens bei älteren Menschen?

Um dies rauszufinden, wurden ältere Erwachsene (50+) zwischen 2008 und 2015 analysiert. Wenig überraschend war der Fernsehkonsum bei unverheirateten Teilnehmern größer als bei verheirateten, Arbeitslose und Menschen mit einem geringeren Schulabschluß schauen mehr fern, ebenso Kranke, Frauen mehr als Männer. Die Gedächtnisfunktion wurde im Rahmen von standardisierten Tests untersucht. Die Ergebnisse waren eindeutig: Ein Fernsehkonsum von mehr als 3,5 Stunden pro Tag führt zu einer abnehmenden Fähigkeit, sich Wörter merken zu können. Die Ergebnisse waren korreliert mit der Menge des Fernsehkonsums: Je mehr Zeit die Teilnehmer mit Fernsehen verbrachten, desto schlechter waren die Ergebnisse.

Warum führt Fernsehen zu verbalen Gedächtnisstörungen? Fernsehen regt das Gehirn an, aber eher allgemein als fokussiert. Schnell wechselnde optische und akustische Reize führen zu Stress im Gehirn, ohne daß dabei spezifische Areale angeregt werden, im Gegensatz zu mehr interaktiven Bildschirmaktivitäten, wie z.B. das Internet oder Computerspiele. Zusätzlich spielt wahrscheinlich eine Rolle, daß ein hoher Fernsehkonsum andere Aktivitäten ersetzt, z.B. Lesen, Gesellschaftsspiele oder kulturelle Aktivitäten.

Fernsehen ist nicht per se ungesund. Fernsehen kann zum Beispiel das Verständnis für andere fördern und spezielle edukative Sendungen erleichtern das Erlernen von komplexen Inhalten. Gerade ältere Menschen erleben Fernsehen als entspannend und es hilft ihnen, sich in schwierigen Lebensumständen abzulenken. Aufgrund der eindeutigen Ergebnisse sollte der Fernsehkonsum aber auf maximal drei Stunden pro Tag beschränkt werden. Und man sollte darauf achten, daß Fernsehen nicht dazu führt, daß hierdurch sportliche, kulturelle oder soziale Aktivitäten eingeschränkt werden.