Schon lange wird untersucht, ob manche Medikamente Demenz verursachen können. Nun haben britische Wissenschaftler herausgefunden, daß die langjährige Einnahme von einigen Medikamenten, die z.B. gegen Krankheiten der Blase, der Atemwege und bei Verstimmungen eingesetzt werden, die Wahrscheinlichkeit für eine Demenzerkrankung um fast 50% erhöht. Diese sogenannten Anticholinergika werden am häufigsten bei der Therapie der Chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und als Standardtherapie bei der überaktiven Blase (Overactive bladder, OAB) eingesetzt und werden wegen ihrer entspannenden Wirkung auf die glatte Muskulatur (M3-Cholino-Rezeptor) u.a. zur Behandlung der Krankheitsbilder Harninkontinenz und Dranginkontinenz sowie einer erhöhten Miktionshäufigkeit verwendet.

Eine Arbeitsgruppe um die britische Wissenschaftlerin Carol Coupland aus Nottingham wertete Patientendaten von fast 60.000 Patienten aus, bei denen zwischen 2004 und 2016 Demenz diagnostiziert wurde. Die Patienten waren durchschnittlich 82 Jahre alt und zu 63% weiblich. Bei der Studie war der häufigste Grund für die Verschreibung von Anticholinergika eine Depression, gefolgt von Übelkeit und Blasenschwäche.

Man wusste bereits, daß die Einnahme von Anticholinergika kurzfristig zu Verwirrtheitszuständen und Gedächnisverlust führen kann. Es wurde im Rahmen dieser Studie jetzt festgestellt, daß Anticholinergika bei mindestens dreijähriger Einnahme in hohen Dosen, insbesondere, wenn sie gegen psychische Erkrankungen, Blasenschwäche oder Epilepsie eingesetzt werden, die Wahrscheinlichkeit eines späteren Auftretens von Demenz um fast 50% erhöhen. Der Effekt war besonders stark, wenn die Patienten bei der Diagnose jünger als 80 Jahre waren.

Die Autoren meinen, daß etwas 10% der Demenzerkrankungen auch auf die Einnahme von Anticholinergika zurückzuführen sind.

Bitte setzen Sie die Medikamente deshalb aber nicht gleich ab! Besprechen Sie die Chancen und Risiken einer weiteren Einnahme mit Ihrem Arzt. Noch immer ist der genaue Mechanismus der Entstehung von Alzheimer nämlich nicht bekannt. Sicher spielt bei den meisten Demenzformen jedoch auch eine erbliche Komponente eine Rolle.

Quelle: https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/2736353

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