Lange vor dem ersten Auftreten von Symptomen, sind bei Alzheimerpatienten Ablagerungen von Eiweißen (β-amyloid) im Gehirn nachweisbar. Bisher konnten diese Ablagerungen schon mit einer Röntgenmethode (PET-Untersuchung) nachgewiesen werden, sowie durch Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit (umgangssprachlich „Gehirnwasser“). Diese Verfahren sind relativ aufwendig und für eine Vorsorgeuntersuchung bei Patienten ohne Symptome deshalb nicht geeignet.

Ziel musste es sein, eine Methode zu entwickeln, die schnell und kostengünstig eine Vorhersage über eine potenzielle Erkrankung zuläßt. Hierfür bieten sich Bluttests an, da die Blutentnahme als Vorsorgeuntersuchung für andere Erkrankungen bereits eingeführt ist und unkompliziert und kostengünstig durchgeführt werden kann. Es gab in der Vergangenheit bereits Versuche, eine Bestimmung von β-amyloid im Blut durchzuführen, die Ergebnisse waren aber für einen Einsatz im Alltag der Versorgung bisher zu ungenau. Mithilfe der inzwischen entwickelten “vollautomatisierten Immunassays” (Nachweis einer Struktur in einer Flüssigkeit durch Bindung eines Antigens an einen Antikörper) kann mit ausreichender Genauigkeit relativ kostengünstig und schnell ein Nachweis von β-amyloid im Blut durchgeführt werden.

In einer schwedischen Studie konnte jetzt bestätigt werden, daß es bei Anwendung der vollautomatisierten Immunassaymethode eine statistisch signifikante Korrelation zwischen dem Nachweis von β-amyloid im Blut und im Liquor gibt. Angesichts der Tatsache, daß vollautomatisierte Immunassays bereits in vielen Laboren weltweit im Einsatz sind, erscheint, zusammen mit anderen Diagnostikmethoden, der Gebrauch zur Früherkennung von Alzheimer sinnvoll. Mithilfe dieser Erstdiagnostik kann z.B. ein Hausarzt entscheiden, welche Patienten zu einer weiteren Abklärung zum Spezialisten überwiesen werden sollen.

Auch bei Patienten, die bereits Symptome zeigen, kann mit Hilfe des Immunassays entschieden werden, ob ein PET-Scan durchgeführt werden sollte, um die Ablagerungen genauer zu quantifizieren. Durch die Vorauswahl mithilfe der Immunassay-Methode können nach Schätzung der Wissenschaftler die Anzahl der PET-Scans bei Alzheimerpatienten um 80% verringert werden.

Bisher gibt es noch keine Medikamente, die eine Alzheimerkrankheit verlangsamen oder gar heilen könnten. Vor diesem Hintergrund sind verbesserte Diagnostikmethoden zu beurteilen: Wenn ein Test mit ausreichender Genauigkeit die Krankheit nachweisen kann und für die Betroffenen Aussagen über ein weiteres Leben mit kognitiven Störungen und eventuell Demenz vorhersagt, schafft er einen Erkenntnisstand, der für die Betroffenen einschneidend ist. Deswegen muss die Anwendung solcher Verfahren von einer umfassenden Aufklärung über die möglichen Konsequenzen für die Betroffenen und ihre Angehörigen begleitet werden. Hierin ist der Test vergleichbar mit Gentests, die bereits heute für viele nicht-heilbare Krankheiten existieren und komplexe ethische Fragestellungen aufwerfen.

Quelle: https://jamanetwork.com/ on 07/02/2019

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